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18.10.2023Bauboom am Ende!
Diesen Winter wird es ruhig auf Norderney. Der langanhaltende Bauboom ist gestoppt. Die Gründe sind vielfältig und teilweise sehr inselspezifisch – sicher ist, dass die Auswirkungen die Inselwirtschaft treffen werden.
Bauausschuss
Viele Bauanträge werden noch dem Bauausschuss der Insel vorgelegt. Dies wird nicht mehr lange so sein. Wenn ein Bebauungsplan existiert, hat der insulare Bauausschuss eigentlich nichts mehr zu melden.
Bis vor einigen Jahren gab es keine flächendeckenden Bebauungspläne und der jeweilige Bauantrag wurde im insularen Bauausschuss nach der Kriterium “Nachbarschaftsbebauung” (also in etwa: passt es zu den Häusern rechts und links) bewertet. Viel Arbeit, viele Diskussionen und manchmal auch ziemlich diskussionswürdige Ergebnisse.
Nun sind in einem langen und noch andauernden Prozess für fast die gesamte Insel Bebauungspläne aufgestellt worden. Der Bauausschuss hat also nicht mehr viel zu tun und wenig zu bestimmen.
Dies und die sehr magere Antragslage haben dazu geführt, dass zum ersten Mal seit Jahrzehnten die Sitzung des Bauausschusses im Oktober – also kurz vor der Bausaison – wegen mangelnden Anträgen vertagt wurde. Ein absolutes Novum.
Zinsen, Preise, Auftragslage
Auch auf der Insel haben die Baupreise deutlich angezogen. Jeder, der noch etwas bauen wollte oder musste, hat es in 2022 schnell abgewickelt. Die Zinsen sind zudem auf ein sehr hohes Niveau gestiegen und dann auch dort geblieben. Die örtlichen Handwerksbetriebe klagen zwar noch immer über die Herausforderungen der sehr guten Auftragslage. Diese gute Einschätzung könnte sich aber aufgrund der allgemeinen Entwicklung bald ändern.
Auf der Insel gibt es, bedingt durch die vielen Gästebetten in Ferienwohnungen, sehr viele Küchen, Bäder und sonstige Einrichtungen, die ständig genutzt werden und auf einem vermietbaren Stand gehalten werden müssen. Nach Abarbeitung des Auftragsstaus bleibt also immer noch einiges zu tun für die Inselbetriebe des Handwerks.
Mit der kompletten Neuerstellung hatten die Ortshandwerker auch in Vergangenheit nicht mehr sehr viel zu tun. Die Preise und Möglichkeiten der festländischen Unternehmen haben die Inselhandwerker häufig nicht bieten können und viele Bauträger brachten Ihre bevorzugten Betriebe vom Festland mit. Die meisten Inselhandwerker haben sich im Laufe der Jahre zu Serviceunternehmen entwickelt und sich auf die Renovierung kleinerer Objekte / Ferienwohnungen spezialisiert – nun ein Vorteil.
Großbaustellen im Winter 23/24
Keine?! Die letzte Großbaustelle war wahrscheinlich der Erweiterungsbau des Marienheims in der Georgstraße, die im Frühjahr fertiggestellt wurde. Der Bauherr – die Norderney Genossenschaft – hat Insolvenz angemeldet. Größere Baustellen – ausser vielleicht die Infrastrukturmaßnahme der Stadt Norderney rund um die Mühlenstraße / Schwanenteich (Grünes Quartier) gibt es nicht.
Millionenhäuser am Weststrand
Noch fertig gestellt werden diesen Winter die Millonenhäuser am Weststrand und das Haus Noena in der Brunnen/Luisenstraße. Die im Volksmund Millionenhäuser genannten Doppelhaushälften am Weststrand sind nun zum Teil an die am Bau beteiligte Baufirmen verkauft worden. Einige sind noch übrig. Übrig haben muß man 5.380.000,- € für ein 321 qm großes Haus.
Nordstern – jahrelanger Schandfleck
Es gibt noch einige baufällige Häuser, die nun wohl länger nicht angefasst werden. In Erinnerung bleiben die jahrelangen Bauruinen vom Düsseldorfer Hof (Teileinsturz – Sicherung der Feuerwehr Norderney) in der Bismarckstraße und dem Hotel Nordstern in der Luisenstraße / Kirchstraße.
Die Niedrigzinsphase, ein noch relativ moderates Baurecht und die Zukunftsaussichten haben damals geholfen die Objekte zu renovieren / Projekte zu verwirklichen und Norderney letztlich touristisch weiter zu bringen.
Aussichten, Großprojekte
Ein Blick in die Glaskugel zeigt, dass große Projekte nun wohl auf unbestimmte Zeit auf die lange Bank geschoben werden. Dies betrifft fast nur große Bauprojekte der öffentlichen Hand. Im privaten Sektor gibt es eigentlich keine oder nur wenige Projekte die noch angegangen werden müssen.
Booken große Fläche
Das insulare Wohnprojekt “Booken” bei dem ca. 50 Mietwohnungen für Insulaner entstehen sollen, wird an den Zinsen und Preisen scheitern. Erste Berechnungen haben gezeigt, dass der Mietpreis bei ungefähr 25,- bis 30,- € pro Quadratmeter liegen müsste, um einigermaßen kostenneutral Wohnungen bauen zu können. Das ist wohl das vorläufige Aus.
Haus der Insel Theaterplatz
Haus der Insel / Theaterplatz – der städtebaulich sehr prägnante Platz, der durch den Abriß des Haus der Insel entstanden ist, wurde nun schon mehrfach überplant. So einen richtig tollen Vorschlag hat es noch nicht gegeben. Letztlich ist man auf eine Mischung von Wohnen, Verwaltungsgebäude für die Stadt (Rathaus?), Einzelhandel und Hotel gekommen. Wer kann und will dies in der jetzigen gesamtwirtschaftlichen Situation stemmen? Man wird sich wohl auf eine Zwischenlösung für die nächsten 10 – 15 Jahren einigen, einen ersten Vorstoß mit einem temporären Biergarten hat es von den Stadtwerken bereits gegeben.
Kurmittelhaus Abriß zu früh?
5 Sterne Hotel (jetzt nur noch “Hotel”) – Der Öffentlichkeit soll im Januar die neue Planung vorgestellt werden. Erwartet wird, dass das Bauherrenkonsortium aufgrund der allgemeinen Lage den Bau verschiebt. Gespannt ist man auf die neuen Argumente, weshalb man jetzt nicht bauen kann bzw. alles noch einmal verschieben muss. Erwartet wird eine Begründung, die sich als Mischung aus Denkmalschutz, Baukostenexplosion, Wirtschaftlichkeit darstellt.
Freibad 1a Grundstück
Freibad – das Freibadgelände ist die größte Brache der Insel. Die Fläche am Weststrand ist extrem wertvoll und wäre der passende Standort für ein 5 Sterne Hotel (Planung Holiday Inn Norderney)! Nachdem in einer Art “Nacht und Nebel”- Aktion das Schwimmbecken in den 2000er Jahren mit “Sand” verfüllt wurde war dessen Schicksal besiegelt.
Eine bauliche Entwicklung liegt in weiter Ferne. Die neuste Idee (von der Kurverwaltung) hier nun Sonnenbauer zu werden wird sehr unterschiedlich bewertet. Fakt ist, dass damit wohl der teuerste Sonnenstrom Deutschlands produziert wird, wenn man bedenkt was man alles mit dieser Fläche machen könnte (Opportunitätskosten!).
Immobilienmarkt
Momentan ist auch auf der Insel viel Bewegung auf dem Immobilienmarkt. Erstmalig seit Jahren werden wieder Immobilien in großer Zahl angeboten. Die Preise sind allerdings noch auf höchstem Niveau. Viele der angebotenen Immobilien warten auf einen kreativen Käufer mit Phantasie und handwerklichem Geschick. Eine Kreditfinanzierung ist im Moment kaum rentabel, dazu wird die Nutzbarkeit als Ferienwohnung immer weiter eingeschränkt. Man kann sich also ausrechnen, dass die Preise nachgeben werden und viele Objekte etwas länger auf einen Käufer warten müssen.
Winter 23/24
Wie in ganz Deutschland hat sich die Lage auf der Insel grundlegend geändert, der Winter wird ruhiger. Die erholungsuchenden Gäste wird es freuen!