News von Norderney
Tourismus
03.09.2012Kite Surfen
Norderney Kite Surfen
Es gibt die verschiedensten Möglichkeiten, sich am Strand von Norderney zum Volltrottel zu machen – Kite Surfen ist die verläßlichste. Dies gilt natürlich nicht für solche, die federleicht mit dem Wind über die Wellen fliegen. Durch jahrelanges Üben haben die Sportler es geschafft, den Ritt über die Wellen, in den Himmel, das Spiel mit dem Wind so mühelos aussehen zu lassen, daß die begeisterte Menge am Strand von Norderney denkt: Das kann ich auch.
Diese Sehnsucht trifft meist Männer, die ihre Zeit bisher nicht überwiegend mit Sport sondern im Büro (mittlerweile in einer oberen Etage) zugebracht haben – das sieht man inzwischen der Brieftasche aber auch der Figur an. Müßig am Strand sind sie genervt vom Burgen bauen und wünschen sich Schwerelosigkeit, Abenteuer und Heldentum.
Als erstes wird eine teure Ausrüstung gekauft. Ist ja nicht schlecht, daß der ganze Strand schon mal sieht wie professionell man ist, gutes Aussehen ist wichtig. Die Männer stapfen dann mit professionell ernsten Mienen in schwarzen bauchbetonten Anzügen steckend den Strand von Norderney auf und ab.
Ein besonders auffälliges Exemplar dieser midlife-crisis geplagten Gattung Mann konnte kürzlich auf Norderney beobachtet werden, er hatte seine Familie mit an die Nordsee genommen, damit sie ihn beim Kite Surfen unterstützen.
Die Söhne des Extremsportler wollten eigentlich am Strand von Norderney Burgen bauen und Muscheln suchen, mussten aber den Drachen gegen den Wind halten – Ewigkeiten lang und wurden beschimpft, wenn sich die Schnüre wieder verdreht hatten oder der Drachen schlapp zum Boden hing. Die Ehefrau hatte die Aufgabe die Rucksäcke zu tragen und den Ehemann zu motivieren.
Wenn der Drachen dann (eher zufällig) Wind bekam und sich Richtung Meer aufmachte, dabei haarscharf über die am Strand Sitzenden zischte und ihnen fast reihenweise durch die messerscharfen Schnüre die Köpfe vom Rumpf abtrennte, musste die Familie den Trendsportler am Strand begleiten – immer auf der Höhe des Familienoberhauptes, damit bei einem Sturz die Leinen entknotet werden konnten.
Jeder Sturz zog verbale Ausfällen gegenüber den nächsten Angehörigen nach sich, schließlich war der Drachen nicht richtig ausgerichtet, die Leinen über Kreuz…. Man merkte ihm an, daß er es im urlaubsfernen Teil des Lebens gewohnt war Befehle zu erteilen – die Beschimpfungen am Strand nahmen kein Ende. Aber das Surfen mit dem Kite an der Nordsee ist eine sehr komplizierte Sportart, oft vergehen Jahre, bis man ohne Hilfe eigene kleine “Schläge” machen kann.
Und so passierte es, den Manager mit Kitesurfausrüstung erwischte eine Bö, die zog ihn weit raus aufs Wasser, alle Strandbesucher staunten, deutlich konnte man den gescheiterten Versuch einer Wende am Horizont von Norderney erkennen. Man war sich nicht sicher, doch die meisten haben das leichte Zögern der Angehörigen erkannt. Die Frage, ob man jetzt wirklich Hilfe holen sollte oder nicht lag für Sekunden offen im Wind am Strand herum. Der ganze Strand schaute, wartete und zögerte mit.
Doch schließlich taten sie es doch – Sie ruften die Seenotrettung und hofften wahrscheinlich darauf, dass sie jetzt Burgenbauen und Muscheln sammeln dürfen.
* nach einer Geschichte von Volker Weidemann in der FAZ am Sonntag