Bild zum Sonntag | Eisschollen

Das Norderneybild zum Sonntag:

Östlich vom FKK Strand – Winter 09/10

Spaziergang mit Eisschollen, östlicher Inselstrand, Panasonic DMC-LX3, eigenes Archiv

Eisschollen – Winter

Die Winter auf Norderney sind geprägt von einer rauen Schönheit, die sich besonders eindrucksvoll zeigt, wenn der Eisgang einsetzt. Dieses Phänomen, bei dem große Eisschollen durch die Strömungen der Nordsee bewegt werden, hat die Insel und ihre Bewohner über Jahrhunderte hinweg beeinflusst und geformt.

Historisch gesehen waren die Winter an der deutschen Nordseeküste oft hart und lang. Besonders in den kalten Wintern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts war es keine Seltenheit, dass die See um Norderney herum zufror und Eisschollen das Bild bestimmten. Diese Eisschollen konnten beeindruckende Größen erreichen und wurden durch Wind und Strömung entlang der Küste getrieben.

Eisschollen sind nicht nur eine faszinierende Erscheinung für Betrachter; sie haben auch praktische Auswirkungen auf das Leben auf der Insel. In der Vergangenheit machte der Eisgang den Seeweg nach Norderney oft unpassierbar. Die Eisschollen blockierten den Zugang zum Hafen und isolierten die Inselbewohner zeitweise vom Festland. Versorgungsschiffe hatten große Schwierigkeiten, die Insel zu erreichen, was zu Engpässen bei Lebensmitteln und anderen wichtigen Gütern führte.

Ein historisches Ereignis, das die Macht des Eisgangs verdeutlicht, ist der strenge Winter von 1829/1830. Damals fror die Nordsee so stark zu, dass zwischen Norderney und dem Festland eine geschlossene Eisdecke entstand. Mutige Insulaner überquerten sogar zu Fuß oder mit Pferdeschlitten die gefrorenen Wasserwege – ein riskantes Unterfangen, denn das Gewicht der Eisschollen konnte jederzeit Risse im Eis verursachen.

Auch in neuerer Zeit gab es noch Winter, in denen Eisschollen rund um Norderney gesichtet wurden. So erinnern sich ältere Einwohner noch gut an den strengen Winter von 1962/1963, als wiederum große Eisschollen das Meer bedeckten und die Schifffahrt behinderten.

Heutzutage sind solche extremen Eisgänge seltener geworden, aber immer noch können kalte Winterperioden dazu führen, dass sich Eisschollen bilden und an den Stränden von Norderney angespült werden. Diese bieten dann ein spektakuläres Naturschauspiel für Spaziergänger und Fotografen gleichermaßen.

Die Eisschollen tragen auch zur Formung der Küstenlandschaft bei. Sie schleifen über den Meeresboden und transportieren Materialien wie Sand und Kies mit sich, was zur ständigen Veränderung des Küstenreliefs beiträgt.

Der Anblick von treibenden Eisschollen vor der Kulisse Norderneys ist ein eindrucksvolles Zeugnis der Naturgewalten. Es erinnert daran, wie sehr das Leben auf dieser schönen Insel von den Launen des Meeres abhängig ist – gestern wie heute.