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Wirtschaft

03.08.2016
milchprotest

Ostfriesland – Milchprotest

milchOstfriesland – Wasser ist billiger als Milch (Milch also teuer als Wasser) hat gestern der Ostfriesische Kurier getitelt. Naja, Wein ist auch teuerer als Wasser, Saft ist ebenfalls teuerer als Wasser – beim Bier ist man sich gar nicht so sicher, in Lübbecke und Ingolstadt gibt es zum Beispiel Bierbrunnen, dort fließt Bier statt Wasser (zumindest zeitweise).

Gemeint hat der Ostfriesische Kurier wohl vielmehr, daß die Milch billiger als das Wasser ist. In Aurich demonstrierten deshalb Milchbauern und gossen die Milch auf die Straße. Ostfriesland produziert recht viel Milch und in Aurich sitzt sogar eine der 10 größten Molkereien Deutschlands, die Firma Rückert. Wie kann man den Milcherzeugern als Kunde helfen?

Milchtankstelle

In Ostfriesland gibt es 5 Milchtankstellen dort kann man 24 Stunden, frische Milch der hofeigenen Kühe zapfen – der Preis kommt dem Erzeuger direkt zu gute. Eine gute Idee, ein echter Genuss und viel besser als die Milch auf die Straße zu kippen. Milchtankstellen findet man in Apen, Leer, Detern, Ihlow und Westoverledingen.

milchtankstelle

Die ostfriesische Milchwirtschaft: Tradition, Wandel und Bedeutung

Die weiten Marschlandschaften, grünen Wiesen und das milde, feuchte Klima machen Ostfriesland seit Jahrhunderten zu einer idealen Region für die Viehhaltung – insbesondere für die Milchwirtschaft. Die Geschichte der ostfriesischen Milchwirtschaft ist eng mit der Entwicklung der Region verbunden und spiegelt den Wandel von traditionellen Lebensweisen hin zur modernen Landwirtschaft wider.

Historische Wurzeln

Bereits im Mittelalter war die Viehzucht ein wichtiger Bestandteil des ostfriesischen Lebens. Die fruchtbaren Böden hinter den Deichen boten beste Voraussetzungen für die Haltung von Rindern. Milch war damals ein wertvolles Nahrungsmittel, das in Form von Butter, Käse oder Dickmilch haltbar gemacht wurde. In vielen Dörfern gab es gemeinschaftlich genutzte „Meiereien“, in denen die Milch verarbeitet wurde.

Im 18. und 19. Jahrhundert gewann die Milchwirtschaft weiter an Bedeutung. Mit dem Bau von Entwässerungsgräben und der Verbesserung der Weideflächen konnten mehr Tiere gehalten werden. Die ostfriesische Schwarzbunte Kuh – eine robuste und ertragreiche Rasse – wurde zum Symbol der Region.

Die Rolle der Frauen

Traditionell lag die tägliche Arbeit rund um das Melken und die Verarbeitung der Milch oft in den Händen der Frauen. Sie stellten Butter her, verkauften sie auf den Märkten oder tauschten sie gegen andere Waren ein. Der „Butterhandel“ war ein wichtiger Wirtschaftszweig; ostfriesische Butter galt als Delikatesse und wurde bis nach Bremen, Hamburg oder ins Ruhrgebiet exportiert.

Genossenschaften und Molkereien

Mit dem Aufkommen moderner Technik im späten 19. Jahrhundert veränderte sich die Milchwirtschaft grundlegend. Die ersten Molkereigenossenschaften wurden gegründet: Bauern schlossen sich zusammen, um ihre Milch zentral verarbeiten zu lassen. 1879 entstand in Aurich eine der ersten Molkereigenossenschaften Deutschlands.

Diese Entwicklung führte zu einer Professionalisierung: Milch konnte nun hygienischer verarbeitet, standardisiert abgefüllt und über größere Entfernungen transportiert werden. Die Zahl kleiner Hofmeiereien ging zurück; große Molkereien prägten fortan das Bild.

Wandel im 20. Jahrhundert

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die ostfriesische Milchwirtschaft einen weiteren Modernisierungsschub: Maschinen erleichterten das Melken, neue Futtermethoden steigerten die Erträge, Kühltechnik ermöglichte längere Haltbarkeit. Gleichzeitig nahm jedoch auch der Strukturwandel Fahrt auf: Viele kleine Betriebe gaben auf, größere Höfe dominierten zunehmend.

Heute sind es hochspezialisierte Familienbetriebe oder Agrargenossenschaften, die mit moderner Technik arbeiten – doch noch immer prägen Kühe auf saftigen Weiden das Landschaftsbild Ostfrieslands.

Kulturelle Bedeutung

Milchprodukte wie Tee-Sahne (für den berühmten Ostfriesentee), Buttermilch oder Quark sind fester Bestandteil der regionalen Küche geblieben. Auch traditionelle Feste wie das „Buttern“ bei Dorffesten erinnern an alte Zeiten.

Zudem engagieren sich viele Betriebe heute für Nachhaltigkeit und Tierwohl – etwa durch Weidehaltung oder Direktvermarktung ab Hof. Die ostfriesische Milchwirtschaft blickt auf eine lange Geschichte zurück: Von einfachen Anfängen über genossenschaftliche Innovationen bis hin zur modernen Produktion hat sie sich stetig gewandelt – und bleibt doch ein Herzstück des ostfriesischen Lebensgefühls.

Quellen: Historisches Museum Aurich; Landwirtschaftskammer Niedersachsen; Zeitzeugenberichte aus Ostfriesland.

Ein Kommentar zu “Ostfriesland – Milchprotest

  1. Bonno Eberhardt, sen. sagt:

    Moin,
    „Milch teurer als Wasser?“ So sollte es sein. Warum ist es nicht so? Bei der Milchproktion spielt nach der Markwirtschaft die Konkurrenz der Bauern eine große Rolle. Bei der Wasserförderung haben die Wasserwerke das Monopol. So einfach ist das. Das könnte sich aber auch schnell ändern, wenn so eine Zeit wie 1945/46 ein Tauschhandel der Bauern mit der Stadtbevölkerung wieder kommt. Wir wollen es nicht hoffen, aber das Thema Versorgung mit Lebensmitteln sollten unsere Politiker schon im Auge halten .Auch auf Norderney wurden schon Kartoffeln auf dem Kurplatz gepflanzt und jeder kleine Hausbesitzer hatte ein Schaf im Stall.

    Bit Annermal
    Bonno Eberhardt, sen.

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